10 Jahre Sicherstellung: Eine Erfolgsgeschichte trotz schwieriger Bedingungen

Passgenaues Förder- und Beratungsangebot der KVWL zahlt sich aus

Medical team of two professional doctors talking using digital tablet
© fizkes | Adobe Stock

Dortmund, 12.04.2024 – Sie greift, bevor die ambulante Versorgung vor Ort bedroht ist: die Sicherstellungsrichtlinie der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). Um die vertragsärztliche Versorgung in Westfalen-Lippe sicherzustellen, zu verbessern und zu fördern, hat der KVWL-Vorstand vor zehn Jahren die Richtlinie auf den Weg gebracht. Es sollte der Startschuss zu einer besonderen Erfolgsgeschichte werden. Die beeindruckende Bilanz ein Jahrzehnt später: Mehr als 30 Millionen Euro flossen in die Sicherstellung der ambulanten Versorgung!

Dr. Dirk Spelmeyer, Vorstandsvorsitzender der KVWL, sagt: „Mir ist kein anderer Berufsstand in Deutschland bekannt, der sich mit eigenen finanziellen Mitteln so stark für die Nachwuchsförderung engagiert wie die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Darüber hinaus investieren wir als KVWL allein in diesem Jahr mehr als zwei Millionen Euro in die pädiatrische Facharztweiterbildung. Die nachhaltige Sicherung der ambulanten medizinischen Versorgung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – bei deren Bewältigung die Kassenärztlichen Vereinigungen und ihre Mitglieder unverzichtbar sind!“

Über dieses Weiterbildungsangebot fördert die KVWL fast 60 angehende Kinderärztinnen und Kinderärzte, die in der Versorgung dringend benötigt werden. „Das Wohl der kleinsten Patientinnen und Patienten liegt uns selbstverständlich besonders am Herzen. Wir unternehmen in diesem Bereich jegliche Kraftanstrengungen, um eine möglichst wohnortnahe und zukunftsweisende Versorgung sicherzustellen“, erklärt Dr. Dirk Spelmeyer.

Ein elementarer Baustein der Sicherstellungsrichtline ist das Förderverzeichnis. Dabei handelt es sich um eine Art Frühwarnsystem, mit dem die KVWL aufzeigen kann, in welchen Gemeinden sich in naher Zukunft Probleme bei der ärztlichen Versorgung entwickeln könnten. Wichtige Indikatoren dafür sind die Altersstruktur und der Versorgungsgrad der Mediziner vor Ort. Ärztinnen und Ärzte, die sich in den auf dem Förderverzeichnis geführten Städten und Gemeinden niederlassen möchten, können beim KVWL-Vorstand einen Antrag auf Kostenzuschüsse zur Übernahme eines Versorgungsauftrags stellen. Durch verschiedene Unterstützungsmaßnahmen soll eine mögliche Unterversorgung frühzeitig vermieden, die Altersstruktur verbessert und der Versorgungsgrad in den betroffenen Gebieten erhöht werden.

Insgesamt hat der Vorstand bereits mehr als 300 Förderungen über das Förderverzeichnis genehmigt. Durch die ergriffenen Maßnahmen ist es nachweislich gelungen, die Versorgungssituation in verschiedenen Städten und Gemeinden in Westfalen-Lippe zu verbessern. Finanziert werden solche Förderangebote aus dem seit neun Jahren bestehenden Strukturfonds (gemäß Sozialgesetzbuch § 105 Abs. 1a Satz 5 SGB V), getragen von der KVWL und den Krankenkassen zu jeweils 50 Prozent. Im vergangenen Jahr wurden so viele Fördermittel ausgezahlt wie nie zuvor: 7,26 Millionen Euro.

Dr. Dirk Spelmeyer: „Ja, der demografische Wandel macht auch vor der Ärzteschaft nicht halt. Ja, die Nachwuchssituation bei den Hausärzten ist schwierig. Und ja, die gefühlte Situation in den Wartezimmern und bei der Terminsuche vor Ort kann heute schon eine Herausforderung sein. Uns fehlen allein 240 Hausärzte, um überall von einer hundertprozentigen Versorgungsquote sprechen zu können. Wir müssen uns als Gesellschaft von dem Bild lösen, dass die vertragsärztliche Versorgung weiterhin direkt persönlich vor der Haustür stattfinden kann. Dafür werden Digitalisierung und Delegation in der Zukunft eine zunehmende wichtige Rolle spielen."

Der KVWL-Vorstandsvorsitzende sieht allerdings auch viele positive Aspekte: „Wir haben in den vergangenen Jahren erstklassige Arbeit geleistet – und das unter sehr schwierigen Rahmenbedingungen. Allerdings hat sich auch in den Arztpraxen die Arbeitswelt verändert, Stichwort Work-Life-Balance. Insbesondere der ärztliche Nachwuchs achtet zurecht auf zeitgemäße Arbeitsbedingungen. Das Modell Einzelkämpfer mit 60-Stunden-Woche hat, wie in anderen Berufsgruppen auch, ausgedient. Es braucht künftig innovative und passgenaue Versorgungsformen, die wir als KVWL maßgeblich vorantreiben und mitgestalten. Durch unser großes Förder- und Beratungsangebot ist es uns in den vergangenen Jahren stets gelungen, die ambulante Versorgung in Westfalen-Lippe zu gewährleisten. Ja, die Herausforderungen der kommenden Jahre sind groß, aber ich bin überzeugt davon, dass wir sie meistern, weil wir in unseren Bemühungen nicht einen Millimeter nachlassen werden. Die Sicherstellung der ambulanten Versorgung ist nicht nur unser gesetzlicher Auftrag, sie ist auch tief in der DNA der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe verankert.“ – DM

Das Förder- und Beratungsangebot der KVWL

  • Praxisberatung: Das Team unterstützt bei allen zulassungsrechtlichen Fragen.
  • Praxisstart: Das Team Nachwuchsförderung berät im Rahmen der Nachwuchskampagne seit 2014 jährlich durchschnittlich 120 Ärztinnen und Ärzte, die sich für eine ambulante Tätigkeit interessieren. Zusätzlich erhalten die Mitarbeitenden der KVWL pro Jahr rund 630 Anträge für eine geförderte Facharzt-Weiterbildung, Tendenz steigend. Das Team betreut eine Vielzahl an Veranstaltungen zur ärztlichen Nachwuchsförderung. Nachweislich konnten durch die Kampagne Dutzende Ärztinnen und Ärzte für die Niederlassung in Westfalen-Lippe gewonnen werden.
  • Famulatur-Förderung: Der ambulante Teil dieses Praktikums wird finanziell von der KVWL gefördert.
  • PJ-Förderung: Angehende Medizinerinnen und Mediziner, die in NRW studieren und sich im Wahlbereich innerhalb des Praktischen Jahres (PJ) für das Fach Allgemeinmedizin entscheiden, können sich um ein Stipendium bewerben. Die Initiative ist eine gemeinsame Aktion der westfälischen Krankenkassenverbände und der KVWL, die Studierende mit insgesamt je 3.200 Euro fördert.
  • Weiterbildung/Zusatzweiterbildungen: Um die hausärztliche und wohnortnahe fachärztliche Versorgung auch künftig bedarfsgerecht zu sichern, unterstützen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und Krankenkassen die ambulante Weiterbildung finanziell und strukturell.
  • Das Quereinsteiger-Programm der KVWL wendet sich an eine bestimmte Gruppe von Fachärzten, die zusätzlich die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin absolvieren wollen. Durch diese seit 2016 in NRW geförderte Weiterbildung können die Quereinsteiger*innen die sonst vorgeschriebene Weiterbildungszeit deutlich verkürzen. Die Teilnehmenden erhalten 7.500 Euro monatlich.
  • Bei der Qualifizierungsmaßnahme (3 bis 9 Monate) handelt es sich um eine Form der praktischen Niederlassungsbegleitung. Es richtet sich an Internisten, die bisher im Krankenhaus tätig waren und einen Wechsel in die ambulante hausärztliche Versorgung beabsichtigen. Sie können unter Anleitung eines erfahrenen Hausarztes als Assistent*in ein „Training-on-the-job“ absolvieren und dadurch Sicherheit für die Hausarzttätigkeit erlangen. Die Teilnehmenden erhalten 7.500 Euro monatlich.
  • Programm „Kreis Herford sucht Hausarzt: Mit Praxis zur Praxis": Um den hausärztlichen Nachwuchs in ländlichen Regionen zu sichern, hat die KVWL zuletzt dieses Förderprogramm auf den Weg gebracht. Teilnehmende Ärztinnen und Ärzte können ein Jahr lang bis zu zwei verschiedene Hausarztpraxen im Kreisgebiet kennenlernen. Teil des Programms ist ein begleitendes Weiterbildungsangebot zu verschiedenen praxisrelevanten Themen wie Betriebswirtschaft, Qualitätsmanagement und Personalführung, das von Expertinnen und Experten der KVWL begleitet wird. Der Kreis Herford macht den Teilnehmenden ein Freizeitangebot, auch um den fachlichen Austausch untereinander zu fördern. Die KVWL zahlt den „Praxismachern“ ein Jahr lang ein attraktives Vollzeitgehalt in Höhe von 7.500 Euro brutto. Zusätzlich übernimmt der Kreis Herford die Lohnnebenkosten und gewährt weitere Zuschüsse. Das „Rund-um-Sorglos-Paket“ enthält auch ein Vermittlungsnetzwerk, das die Medizinerinnen und Mediziner bei der Suche nach einer Wohnung, einem Arbeitsplatz für den Partner oder KiTa- und Schulplätzen unterstützt.
  • Die Zukunftsmacherinnen: Um ihren Mitgliedern sowie allen niederlassungsinteressierten Medizinern eine passgenaue Unterstützung zukommen zu lassen, hat die KVWL für den Kreis Lippe im Herbst 2022 das Projekt "Zukunftsmacher" ins Leben gerufen. Drei Mitarbeiterinnen stehen vor Ort als direkter Ansprechpartner zur Verfügung.
  • Physician Assistants (PA): Gemeinsam mit der Hochschule für Gesundheit, Soziales und Pädagogik Rheine (EUFH) und der Deutschen Gesellschaft für Physician Assistants e. V. (DGPA) hat die KVWL im vergangenen Jahr ein zweijähriges PA-Modellprojekt gestartet. Während dieser Zeit soll wissenschaftlich belegt werden, wie sehr Physician Assistants Haus- und Facharztpraxen in der ambulanten Versorgung unterstützen können.
  • Digi-Managerin: Die KVWL bietet seit Mitte April 2023 zum ersten Mal eine Fortbildung zur Digi-Managerin für die Etablierung von Digitalisierungsbeauftragten in Arztpraxen und psychotherapeutischen Praxen an. Zielgruppe ist das nicht-ärztliche Praxispersonal.
  • KV-Börse: Durch die Zusammenarbeit von KV Nordrhein und KV Westfalen-Lippe erhalten Interessierte in der KV-Börse ein umfassendes Angebot von Praxisnachfolgen und unterschiedlichen Arbeitsmodellen in ganz NRW. Die KV-Börse unterstützt zudem bei der Suche von Personal, Kooperationen oder Praxisnachfolgen sowie bei der Vermittlung der richtigen Ansprechpartner*innen innerhalb der KVen. 

Ausführliche Informationen zum Förder- und Beratungsangebot der KVWL finden Sie auf der KVWL-Themenseite zur Förderung.

KVWL-Pressestelle